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Die Abenteuer von Kater Lucas

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L ucas, ein schwarzer Kater mit weißen Pfötchen, saß zu Hause und träumte ein wenig vor sich hin.

Er hatte sich gerade ein Schälchen Milch geholt, da klopfte es plötzlich an der Tür.
Wer konnte das nur sein, eigentlich erwartete er keinen Besuch mehr.
Trotzdem ging er zur Tür und öffnete. Vor ihm stand eine wunderschöne weiße Katze mit atemberaubenden grünen Augen. Lucas war von ihrer Schönheit überwältigt.

Nachdem er sich wieder gefaßt hatte fragte er schließlich nach dem Grund ihres Besuches. Sie erklärte ihm kurz, dass sie Marlis sei und dringend Hilfe benötige. Ihr war von Lucas' "Spürnase" berichtet worden, weshalb sie sich kurzerhand entschloß, ihn einfach aufzusuchen.
Daraufhin wurde Lucas, ein leidenschaftlicher Hobby-Detektiv, natürlich sofort hellhörig.
Er bat sie also, immer noch von ihrer Schönheit benommen, einzutreten.
Marlis machte einen sehr verstörten Eindruck, trotzdem begann sie zu berichten.

Marlis' Vater, ein Geschäftskater, würde seit längerer Zeit erpreßt werden. Er hatte sich wohl einmal auf zwielichtige Geschäfte eingelassen, dies aber ziemlich schnell bereut, beteuerte sie.
Mehr konnte oder wollte sie dazu allerdings nicht sagen.

Der Erpresser, die Dogge Giovanni, ein früherer Geschäftspartner ihres Vaters wußte von diesen Geschäften und wollte natürlich davon profitieren.
Giovanni aber wollte kein Geld, nein, viel schlimmer. Er wollte die hübsche Marlis zur Frau
...

-Claudia Grillenberger-

" Netter Junge ! " brummelte Lucas vor sich hin. " Entschuldigen Sie bitte, daß ich so ungastlich bin. Möchten Sie etwas trinken ? " Marlis' Schwanzspitze zuckte erfreut: " Ja, gerne. Irgendwas nicht-alkoholisches bitte ! "Lucas schlenderte zum Kühlschrank und forschte in dessen Tiefen nach der Flasche mit der Katzenmilch. Mit ihr und einem Trinkschälchen kam er zurück: " So, nun erzählen Sie mir mal, in welcher Branche momentan Ihr Vater tätig ist ! "
Innerlich seufzend, erfuhr er, daß Marlis' Vater seit Jahren erfolgreich mit dem Im- und Export von Kratzbäumen beschäftigt war. Gewisse Billiglohnländer machten auf den ersten Blick das Import-Geschäft sehr profitabel, doch schlich sich mit der Zeit ein Qualitätsverlust ein, der trotz aller Bemühungen nicht rekonstruierbar war. Das Aufspüren neuer Lieferanten in dieser Region erwies sich als nahezu unmöglich .....
Lucas fand die ganze Sache gar nicht prickelnd und kaute nachdenklich an einer Fangkralle. Eigentlich waren ihm glatte, unkomplizierte Geschichten wie das Wiederauffinden einer heißgeliebten Kuscheldecke oder das Observieren eines rolligen Ehemannes viel lieber. Das alles roch doch sehr nach Ärger, zerzaustem Fell und nächtlichen Kletterpartien in unbekannten Territorien.
Doch als Lucas in die um Hilfe heischen, weiblich-unergründlichen Augen seiner Besucherin schaute, schwappte in ihm eine Welle von Beschützertum empor, ergoß sich mit einem Rauschen zwischen seinen Ohren über all seine Bedenken. Ein Hund, und auch noch eine von diesen runzeligen Doggen, versucht hier mit miesen Tricks das Geschäft und dieses grazile Geschöpf unter die Krallen zu bekommen ?
Gedankenversunken holte er eine angebrochene Tüte mit Vitamindrops aus der Schreibtischschublade und begann sie systematisch zu leeren, nicht ohne Marlis auch etwas angeboten zu haben. Die plötzliche Stille im Raum wurde für eine ganze Weile - pardon: Tüte - nur durch die gleichmäßigen Kaugeräusche der beiden unterbrochen.
" Okay " , seufzte Lucas. " Ich bin dabei, möchte aber vorher einen Blick in die Geschäftsräume Ihres Herrn Vater werfen. Läßt sich das irgendwie arrangieren ? " Genußvoll-unweiblich-lautstark knautschte Marlis auf ihrem letzten Drops herum und putzte sich schließlich: " Übermorgen vormittags gegen 11:00 Uhr wäre eine gute Zeit. Treffen wir uns in der Gimpetallee 117 vor dem Lieferanteneingang ? "
Fasziniert von Marlis' Putzakrobatik brauchte Lucas eine ganze Weile, um wieder in die Realität zurückzufinden: " Hmm? Äääh, ja, klar doch ! " Er geleitete sie noch bis zur Tür, wo sie sich mit einem dankbaren Schnurren verabschiedete:
" Über das Honorar können wir noch später reden. Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Und danke noch für die leckere Milch ! "
Lucas nickte nur und schenkte ihr sein schönstes Autoverkäuferlächeln. Als die Tür hinter Marlis ins Schloß fiel, schweifte sein Blick über das Poster an der Rückseite der Tür. Sein Idol Philipp Marlöwe blinzelte ihn unter der Hutkrempe verschmitzt an: "Ich schau' Dir in die Augen, Kleines!"...

-Erik Malwitz-

Nachdem das Tickern von Marlis' Krallen im Treppenhaus immer leiser wurde und schließlich verstummte, ging Lucas in die Küche, um sich noch eine KALTE Schale Milch zu holen. Die halbe Verwandschaft hing ihm zwar in den Ohren - allen voran seine Mutter - , daß zimmerwarme Getränke doch weitaus gesünder wären, aber momentan war ihm nicht nach solcher Bio-Plörre.
Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer zu seiner speziellen Grübelecke - wunderbar weiche Kissen zum Kneten mit einem Podest für etwaige Getränke - fiel sein schweifender Blick auf die nicht ganz geleerte Trinkschale seines aparten Besuches.
Unscheinbar, kaum zu sehen, dümpelte auf der Oberfläche ein schneeweißes Barthaar mit einer frechen schwarzen Spitze. Das filigrane Ding wollte nicht so wie er, doch mit der gattungstypischen Geduld einer Katze fischte er das Haar heraus und plazierte es zum Trocknen auf dem breiten Rand der Trinkschale. Er war - geworfen im Sternbild des Stieres - zwar nicht mit Romantik-bis-zum-Abwinken gesegnet, doch irgendwie versetzte ihn dieses Überbleibsel einer angenehmen Begegnung in melancholische Träumerei.
Zum wiederholten Male an diesem Abend seufzend, schlenderte er in seine Ecke und kuschelte sich ein. Ob er seinen Onkel Geronimo und dessen Frau Francesca anrufen sollte, die seit Jahren erfolgreich eine Auskunftei namens " Catman Forever " betrieben ?
Da er erst übermorgen mit dem Vater von Marlis sprechen würde, könnte er ja morgen abend mal wieder mit den " Bullies " eine entspannende Runde um die Häuser machen. Seitdem er vor 2 Monaten die gesamte Horde beim Kickerspiel in Grund und Boden gestampft hatte, wurde er doch überraschenderweise respektiert und nach einigen Runden Baldrian on the Rocks als gern gesehenes Ehrenmitglied aufgenommen.
Obwohl sich Bulli auf Gulli reimt, war dieser Haufen doch anders gelagert. Soweit er sich an diesen exzessiven Abend erinnern kann, waren es erstaunlicherweise die beiden Wurfschwestern Tussi und Penelope, die den Vorschlag machten, ihn als Ehrenmitglied aufzunehmen. War insgesamt ganz witzig, nur mußte Lucas die drei folgenden Tage mehr auf dem Katzenklo als in der Schlafkuhle verbringen, weil er sich doch a bisserl den Magen verdorben und der Baldrian eine durchschlagende Wirkung hatte. Uiih, das brannte vielleicht ...
Der Zeiger der Wohnzimmeruhr rutschte auf 22.25 Uhr. Mmmpf, zu spät für einen Anruf bei Onkelchen. Stattdessen eine Mail schicken ? Au ja : Nachttarif !! Lucas gähnte , streckte sich ausgiebig und zottelte über Küche -> Kühlschrank -> Milchbar in sein Büro, wo schon seit geraumer Zeit als Screensaver Dana Scully in einer X-Akte blätterte und zwischendurch per Zufallsgenerator Schmollmund und Bussi machte in Richtung Kamera. Dieser Bildschirmschoner war echte Maßarbeit und Lucas war sehr stolz darauf. Das einloggen wochentags um diese Zeit verlief unproblematisch. Obwohl Dreckchange von der Firma Microschrott manchmal antiquarisch langsam ist, war Lucas an diesem Abend froh, so mal auf die Schnelle ein paar Zeilen an seinen Onkel verschicken zu können. Unabhängig davon, was das Gespräch mit Marlis' Vater ergeben würde. Ach ja, die Kickertruppe war ja auch noch da! Gottseidank brauchte Lucas "Catman.Forever@animonda.de" bzw. "bulliesUnlimited@pedigree.net" nicht einzutippen, da er erst gestern sein Adressbuch wieder aufgefrischt hatte.
Abschicken -> Shutdown -> Ausschalten: Mit einem rödelnden Geräusch lief die Festplatte aus; knisternd setzte der Monitor seine Nachtmütze auf.
Müüüüühüüüüüde gääääähnte Lucas bis zu den Ohren. Aaargg, ein langer Tag! Lucas wußte schon, wovon er diese Nacht träumen würde: Viel Fell, weiße Barthaare in allen Tassen und Schalen, grüne Augen, die ihn sehnsüchtig fixierten...

-Erik Malwitz-

Völlig gerädert und mit verklebten Augen wachte Lucas am nächsten Morgen auf. Von Marlis hatte er zwar geträumt, doch absolut nicht in der gewünschten Form. Lucas erinnerte sich nur schwach daran, daß er am Fenster gesessen hatte und mitverfolgen mußte, wie eine Meute sabbernder Doggen - allen voran ein Hüne mit gierigem Blick - der Katzenlady hinterherjagte. Völlig kopflos und ohne den katzentypischen Orientierungssinn hatte Marlis in diesem Alptraum versucht, das Haus von Lucas zu finden.
Marlis Verhalten war sehr beunruhigend gewesen, denn die beiden blühenden Magnolienbäume links und rechts neben der schmiedeeisernen Pforte und das messingfarbene, ein bißchen pompöse Türschild waren normalerweise nicht zu übersehen.
Anscheinend hatte Lucas im Halbschlaf anhaltend gemautzt, denn seine Stimmbänder wollten heute gar nicht so recht. Unlustig und mürrisch zottelte er zum Kühlschrank.
Obwohl sein Zweibeiner ihm freundlicherweise nicht nur das Klo saubergemacht, sondern auch einige Leckerbissen bereitgestellt hatte, starrte Lucas nur trübsinnig auf die schnuckeligen, joulehaltigen Appetithäppchen. "So ein Tag, so wunderschön wie heute...." , brummte er übelstgelaunt vor sich hin. Ergo: Frühstück ? Lieber später! Schläfrig warf Lucas seinen Computer an und guckte erstmal in seine Mailbox. Aha, sowohl Onkelchen als auch die Bullies haben sich gemeldet. Wenigstens etwas. Beim Lesen der Nachricht von der Hundemeute wurde leider seine Laune nicht besser: Warum müssen Frauen sich zuweilen über "nebensächliche" Dinge derartig auslassen, anstelle ein bisserl flotter zu Pudel's Kern zu kommen ?! Penelope berichtete, daß es momentan in der Clique sehr ruhig ist. Die Diskussionen der Zweibeiner über "kampfhundähnliches" Verhalten einiger Rassen hat den Tatendrang der "Bullies Unlimited" derartig gebremst, daß alle zurückhaltend geworden sind und erst mal abwarten wollen, was noch so passieren wird. Weiterhin mußte sie berichten, daß die letzte Grillfete völlig in die Hose gegangen war: Drei von ihnen hatten Durchfall bekommen, sie selbst eine Gaumenverletzung durch einen Splitterknochen und bei ihrer Schwester Tussi hat sich urplötzlich herausgestellt, daß sie hochallergisch auf gewisse Insektenstiche reagiert.... Alles in allem sehr unerfreulich. Penelope versprach aber, bezüglich der Dogge Giovanni rumzuhören und sich schnellstens wieder zu melden. "Na gut, denn !" schnurrte Lucas und schickte einen Gute-Besserung-Blumenstrauß an Tussi via Internet. Wie gut, daß er sich extra für solche Anlässe einen Vermerk in seiner Favoritenliste gemacht hatte: [ Anmerkung: "www.virtualflorist.com" gibt es wirklich !!! ] Seine Lieblingstante Francesca - eine fesche Tricolor mit natürlicher Anmut und märchenblauen Augen - ließ von Onkel Geronimo "Tschöne Jrüße aus Bärlin" ausrichten. Onkelchen hatte wieder einmal einen dicken Brocken als Auftrag an Land gezogen und war deshalb anderweitig sehr beschäftigt. Dennoch konnte sie ein paar magere Infos präsentieren: Giovanni Antipasti, Einzelkind, Italoamerikanischer Herkunft, Rudelführer einer Designer-Ladenkette für italienisches Hundezubehör, Schulterhöhe 75 cm, Knickschwanz, linkes Ohr zerfetzt, mausgraues Fell, Tätowierung am rechten Hinterlauf, u.s.w.. Je mehr Lucas las, desto übler wurde ihm. Komisch, daß noch niemand auf diesen Burschen aufmerksam geworden ist. Ob Penelope mehr herausfinden würde ? Mehr als abwarten konnte er momentan sowieso nicht. Schon viel besserer Stimmung maunzte er Agent Scully einen Abschiedsgruß zu und ging vor dem Frühstück erstmal seinem Geschäft nach. Professionell grub Lucas sich erstmal einen bequemen Trichter ins frische Streu und "entsorgte" u. a. die Reste der Dropse vom gestrigen Tage. Uaaaaaaah, war DAS entspannend ! Sorgfältig, so wie es ihm seine Mutter gezeigt hatte, schaufelte er seine Reste mit dem aufgeschichteten Streu zu. Leicht wie eine Feder tänzelte Lucas in die Küche, um endlich einen Happen zu fressen...

-Erik Malwitz-

Geradezu leidenschaftslos fischte Lucas vorsichtig die Gemüsestücken aus seinem Frühstück.
Rind und Lamm und die Soße dazu waren ja ganz lecker, doch konnte er noch nie verstehen, wieso die Hersteller von "Neelix" dieses bunte Zeug dazumischen. Sein Zweibeiner, der stets um abwechslungsreiche Kost bemüht war, hatte darauf auch keine Antwort. Soll ja so gesund sein, naja .... Am Wochenende wird es bestimmt wieder frisches Schabefleisch geben. Irgendein Laster muß auch ein Kater haben, oder ?!
Gesättigt verspürte Lucas plötzlich nach dem opulenten Mahl das dringende Bedürfnis, sich erstmal ausgiebig zu putzen. Ein dezentes Schönheitsnickerchen wäre eigentlich auch nicht zu verachten, dachte er im stillen. Im Schlafzimmer entdeckte er sein Opfer: Eine angetragene Jogginghose seines Menschen, die gut roch und den Anschein erweckte, so mal richtig vollgehaart werden zu müssen. Mmmh, aah, wunderbar weich! Begeistert knetete Lucas das Objekt seiner Begierde zurecht und machte es sich zum Putzen bequem. Diese relativ geistlose, aber ungemein entspannende Tätigkeit beanspruchte ihn derartig, daß er danach das bereits angedeutete Erholungsnickerchen nötig hatte.
Irgendwann gegen Mittag streckte Lucas sich ausgiebig und zottelte in sein Atelier, wo er gerade für eine gute - aber rein platonische - Bekannte eine Tiffanylampe baute. Sie hatte lange gesucht, aber alle gängigen Schreibtischlampen waren ihr zu bieder gewesen. So hatte sie ihm den Auftrag erteilt, eine zweifarbige zu konstruieren, und dabei helle, aber nicht blendende Farben zu verwenden.
Da Lucas ein gutes Gefühl für Harmonie hatte und auch die Büroausstattung seiner anspruchsvollen Bekannten kannte, wollte er bei dem Lampenschirm farblich genau halbe-halbe machen:
Die eine Seite war in pastellgelben, keilförmigen, vertikalen Streifen kreiert worden. Nun war es wichtig, für die andere Seite eine passende Farbe als Kontrast zu finden. Ohne lange darüber nachzudenken, fiel Lucas sofort die Farbe von Marlis' Fell ein. Na klar, das ist es, jubilierte er und mauzte zufrieden. Nur, hmmpf, dieses Weiß hatte er nicht in seinem Vorräten. So ähnlich, schon. Und auch nur ein Rest. Ob sein Spezialhändler ihm weiterhelfen konnte ? Lucas packte ein Farbmuster vorsichtig ein und zog los.
Draußen herrschte reichlich Verkehr. Lucas mochte die stinkenden, lauten Dinger der Zweibeiner nicht. Aber wenn man nur 2 statt 4 Beine hat, ist es möglicherweise wichtig, mit Hilfe eines Vehikels sich fortzubewegen, damit man zügig sein Ziel erreichen kann.
Rrrrrrrrrring, scheuchte ihn so ein Zweirad mit pfeifenden Reifen aus dem Weg. Träumerchen, schimpfte Lucas mit sich selbst.
Sein Besuch in dem Kunstgewerbegeschäft ein paar Blocks weiter war ein voller Erfolg: Der alte Kater mit dem Hinkebein lächelte wissend, als Lucas aufgeregt und enthusiastisch von Marlis' Fellfarbe und seiner Idee erzählte. Geduldig zeigte er Lucas eine Serie von weißen Mustern, die er " für besondere Anlässe " in einer unauffälligen Ecke seines Ladens aufbewahrt hatte. In der Tat: Eine ähnliche Farbe war dabei. Hocherfreut kaufte Lucas auch gleich noch eine Rolle Lötzinn für alle Fälle.
Obwohl sein Material gut eingepackt war, bewegte sich Lucas vorsichtig durch den Verkehr, der während seines Besuches in dem Laden noch dichter geworden war. An einer besonders unübersichtlichen Stelle bemerkte er eine junge Katze, die eingeschüchtert unter einem Strauch am Straßenrand saß und kläglich maunzte. Die Kleine - eindeutig ein Weibchen - erinnerte Lucas mit ihrem Fell ansatzweise an seine heimliche Liebe: Fast vollständig rotgold; Stiefelchen und Brustlatz Marlis-like.
Fürsorglich sprach Lucas das Kätzchen an: " Naaa, möchtest du über die Straße ? " Die Kleine zuckte zusammmen und nickte nur hilflos mit angelegten Ohren. Mit den märchenblauen Augen und dem dezenten weißen Klecks auf der Nase sah das Kätzchen richtig putzig aus. Lucas stellte sein Päckchen ab und beäugte vorsichtig die Stinkemaschinen der Menschen. In einem günstigen Moment schubste er die Kleine an. Zusammen flitzten sie über den Fahrdamm. Geschafft !!! Dankbar gab der Nachwuchs Köpfchen und schnurrte Lucas ein Ohr ab. Die Kleine ist wirklich süß, dachte Lucas bei sich. Mit einem freundlichen Nicken verabschiedete er sich und konnte noch aus den Augenwinkeln sehen, wie das rotgüldene Etwas mit einem sympathischen Schwanzwedeln im Gebüsch verschwand.
Er griff sich sein Päckchen und machte sich auf den unterbrochenen Heimweg.
Jeden Tag eine gute Tat ...

-Erik Malwitz-

Eine überirdische Macht meinte es an diesem Tage gut mit Lucas.
Vor dem Aufzug zu seiner Atelierwohnung wartete schon im Treppenhaus eine Menscheline. Toll, dann braucht er sich nicht wie sonst nach dem Taster zu strecken! Zuerst erkannte er sie nicht, weil die Menscheline heute ein ganz andersfarbiges "Fell" trug, aber die melodiöse, helle Stimme und der bekannte Geruch halfen seinem Gedächtnis auf die Sprünge: Ah ja, die Katzensympathisantin aus der 3.Etage, die oft was leckeres für ihn dabei hat. Auch heute? Auf dem Weg nach oben steckte Lucas neugierig-frech seine Nase in die Einkaufstüte der Menscheline. Hmmm, doch nix interessantes heute dabei. Der freundlich mahnende Unterton in der Stimme der Menscheline ließ ihn wieder den Kopf aus den Tiefen der Tüte herausziehen. Als die Frau auf der Etage zu ihrer Wohnung den Aufzug verlassen wollte, kraulte sie Lucas zum Abschied zwischen den Ohren. Schnurrig-gutgelaunt angelte er nach einem ihrer Schnürsenkel und zupfte mal kurz daran:
"Ätsch, erwischt!" , grinzte er in sich hinein. Das perlende Kichern der Menscheline verhallte schlagartig, als sich die Aufzugstür wieder schloß. Er konnte gerade noch sehen, wie sie sich mit dem offenen Schnürsenkel abmühte ...
In seinem Atelier angekommen, stellte er seinem Einkauf erstmal auf den Arbeitstisch. Geschafft! Was für ein Tag! Unten hörte er seinen Menschen klappern. Musik dudelte im Hintergrund, mal schauen, was der Futternachschub sagt!
In seinem Napf lächelte ihn eine dunkelrote Substanz an, die sehr verlockend roch: Schabefleisch ? SCHAAAAAAAABEFLEISCH !!!! Glücklich schmatze Lucas die üppige Portion in sich hinein. Herrlich frisch! Mjam-mjam! Knautsch-knautsch! Satt-zufrieden-abgefüllt zottelte Lucas zurück zu seinem Arbeitstisch. Im Vorbeischlendern an seiner Kuschelecke mußte er feststellen, daß sein Mensch leider die "eingeweihte" Jogginghose entfernt hatte. "Tschahade, sowas dummes aber auch! Naja, man kann ja nicht alles haben!" brummelte Lucas vor sich hin.
Der alte Kater aus seinem Bastelstübchen hatte wirklich ein paar Schmuckstücke rausgesucht: Großflächig mit glatter, absolut porenreiner Oberfläche, eher Tendenz elfenbein als megaperlweiß. Feini! Routiniert schaltete Lucas seine Lötstation und die Schleifmaschine auf Standby. Dank der Gleichmäßigkeit aller Glasstücken kam er sehr zügig voran. Trotzdem: Es war schon sehr spät, als er das Endprodukt stolz betrachtete. Ja, doch, sehr ordentlich! Zufrieden kramte er in dem Vorrat verschiedenster Glühlampen, um zu schauen, welche Art das angenehmste Licht abgeben könnte. Knips-knips, aaah! Die mit dem kugelförmigen, matten Glaskörper war genau richtig: Keine Blendung, eine warme Tönung, hervorragend!
Zum Ausklang dieses produktiven Tages gönnte sich Lucas noch eine Runde Zappen im Internet. Entspannt, aber voll konzentriert triggerte er sich durch seine Favoriten, während gleichzeitig im Hintergrund die Mailbox rödelte. "Hui, da scheint ja einiges aufgelaufen zu sein!", schnurrte er neugierig. Hmm, außer dem üblichen Gedönz in Sachen neueste Blabla von XY, einem verlockenden Bonus-Stunden-Angebot von ALOHA (oder so ähnlich) gingen noch zwei Mails von seinem Onkel bzgl. Giovanni sowie von Tussi von den Bullies Unlimited ein.
Die Mail von Onkelchen speicherte er erstmal ab. Morgen ist auch noch ein Tag. Und wenn er Marlis Vater besuchen ging, kann er vorher allemal noch kurz reinlesen. Tussi meldete, daß alle wieder wohlauf sind. Nur sie selbst muß - bedingt durch ihre Allergie - zukünftig bei einigen Aktionen kürzer treten, oder u. U. sogar zuhause bleiben. "Tja", seufzte Lucas. "Manchmal kann man leider nicht so, wie man gerne möchte! C'est la vie !"
Müde und wohltuend abgeschlafft loggte er sich aus und machte sich bettfein...

-Erik Malwitz-

HILFEE! Eine Dogge und Marlies rennen auf Lucas zu.
Ihre Augen sind nicht mehr grün, sondern blitzen wie Diamanten. Das Gesicht der Dogge hat sich zu einer fürchterlichen Fratze verwandelt. Lucas rennt um sein Leben. Er kommt sich klein und hilflos vor. Die beiden hetzen ihn durch Pfützen und durch das Kühlhaus der Metzgerei nebenan, Lucas rennt.
Er rettet sich mit letzter Kraft in seine Wohnung und legt sich völlig erschöpft vor den Kamin. Lucas ist es heiß. Lucas ist naß und die Kälte des Kühlhauses steckt noch in seinen Gliedern...
.... ein lautes Brummen reißt ihn aus seinen Alpträumen. Was war das nur? Er bekam auch so schlecht Luft! Mühsam schniefte er durch seine total verstopfte Nase. Der Hals kratzte. Das Brummen war direkt in seinem Kopf. Das waren die schlimmsten Kopfschmerzen die Lucas je erlebt hatte. Er fror schrecklich und krabbelte mühsam weiter unter die von seinem Dosi extra mit Fuschelweich gespülte Kuscheldecke. Seine Nasenspitze glühte und fühlte sich staubtrocken an. Er war kaum fähig sich zu bewegen.
Da Lucas ja ein Kater war und Männer bekanntlich gründlicher, intensiver und länger leiden als weibliche Wesen brachte er nur mühevoll ein heiseres "Miau" zustande und versuchte so, seinen Menschen auf sich aufmerksam zu machen. Aber er klapperte unbeirrt in der Küche mit der Futterdose herum. Lucas kannte dieses Geräusch genau. Aber er hatte überhaupt keinen Hunger. Er litt fürchterlich und sein Mensch kümmerte sich überhaupt nicht um ihn!
Ob er mal nach seiner Gesundung beim Tierschutzverein anruft? Aber Lucas war im Moment alles egal. Onkelchen, die Dogge und sogar Marlies mußten jetzt warten. Er maunzte nochmals herzerweichend nach seinem Dosi. Dieser rief in der Küche zum siebten Mal nach Lucas. Aber Lucas war doch so schwach!
Endlich! Sein Mensch kommt zu ihm und krault ihn unterm Kinn. "Na, Lucas? Was ist los? Keinen Hunger heute?" "Nicht so lauuut!" schreit Lucas innerlich! Sein Mensch erkennt sofort, daß Lucas leidend ist. Er befühlt die Nase und hört Lucas‘ rasselndes Atemgeräusch. "Armer armer Lucas! War Dein Streifzug durch die Nacht doch zu ausgiebig? Oder hast Du etwa die Nachbarkatze geküßt?" Lucas ist viel zu krank um über diese Bemerkung zornig zu sein. Diese doofe Perserkatze ist doch sowas von eingebildet! Mit Freuden denkt er jedoch an Marlies, die wunderschöne, weiße Katze mit noch wunderschöneren grünen Augen.
Der Dosi kommt mit der Futterschüssel aus der Küche und stellt sie direkt vor Lucas‘ Nase. Bei dem Anblick und dem Anflug von Geruch, der durch Lucas‘ verstopfte Nase dringt, wird ihm schlecht. Angewidert dreht er den Kopf zur Seite. Wenn er mich doch nur mit diesem Zeug in Ruhe lassen würde! Nun erkennt der Mensch, daß es wirklich schlimm um Lucas steht. Er geht ins Nebenzimmer und kommt - womit wohl? Lucas erkennt es sofort! Mit diesem ekligen, engen, unbequemen Kasten. Lucas stellen sich die Haare zu Berge. Er weiß, was jetzt kommt. Er muß zum Tierarzt! "Marlies", denkt er mit letzter Kraft, "Rette mich!" Aber da ist’s schon zu spät.
Der Dosi wickelt Lucas in seine Kuscheldecke und stopft ihn in die Kiste. Er trägt ihn zur Garage, vorbei an der Wohnung der eingebildeten Perserdame. Lucas kriegt fast nichts mehr mit. Er dämmert vor sich hin. Im Wartezimmer vom Tierarzt hat er nicht mal die Kraft, sich am Wettmaunzen der anderen Katzen zu beteiligen. Mühevoll wird er von seinem Dosi aus der Kiste gehoben und auf diesen eiskalten Tisch verfrachtet!
Lucas bibbert vor Kälte. Seine Nase glüht. Der Tierarzt untersucht ihn gründlichst. Er bekommt eine Spritze und ein ekliges Zeug zu fressen. Sein Dosi redet noch eine Weile mit dem Doktor. Dann wird er wieder in die Kiste verfrachtet. Lucas will nur noch heim. Er drückt sich fest in die Decke und harrt der Dinge, die da kommen werden.
Zu Hause angekommen bekommt er von seinem Menschen erst Mal ein ekliges Zeug zu fressen I gitt! Mühsam schleppt er sich in seine Kuschelecke mit der Fuschelweich-Decke und leidet still vor sich hin.
Nach fünf Stunden Schlaf fühlt sich Lucas schon besser. Es klingelt. Wo ist der Dosi??? Lucas schleppt sich an die Tür, da er das dauergeklingel nicht mehr ertragen kann. Trotz seines verschleierten Blicks erkennt er den Besuch sofort. MARLIES!!!!!! Die Buschtrommeln der Nachbarschaft funktionieren also noch! "Komm rein" krächzt Lucas. Er schwankt zurück auf seine Decke. Marlies folgt ihm. "Die Perserdame von nebenan hat mir erzählt, daß Du krank bist. dachte ich, ich komm mal vorbei", meinte Marlies. "Ortrud, ich liebe Dich", schickte Lucas seufzend in den Himmel. Sie scheint ja doch eine ganz Nette zu sein, grübelte Lucas.
Er freute sich, daß das Schicksal Marlies so schnell wieder zu ihm geführt hat. Leider wurde Lucas durch die Medikamente furchtbar müde und konnte sich mit Marlies nicht unterhalten. Sie saß als ganz still neben ihm auf seiner Kuscheldecke und bewachte ihn, nachdem er nach einer halben Stunde mühevoller Konversation eingeschlafen war.
Nach einer Zeit wurde Lucas kurz wach und bemerkte, daß sein Mensch nach Hause gekommen war. Er schickte leider Marlies sofort nach Hause, da sie sich ja anstecken könnte. Das wollte Lucas natürlich nicht. Marlies entwischte aber vor der Tür und kam zu Lucas kurz zurück. Sie stupste ihn zärtlich mit der Nase an die Stirn und hauchte ein leises Abschieds-Miau. Lucas dämmerte in einen wunderschönen Traum........

-Susanne S.-

..... einen Traum, in dem er mit Marlis ein Rendezvous hatte.
Um die Mittagszeit, beim Läuten der Glocken auf dem Kirchturm nahe dem Park, wollten sich beide an dem künstlichen Teich treffen. Die Zweibeiner hatten diesen Teich schick und liebevoll angelegt mit Seerosen, Schilfgras und ein paar Birken, an denen Lucas bei so manchem Besuch verspielt-ausgelassen die Baumrinde attackiert hatte. So richtig raufklettern konnte man leider nicht, weil sie gerade gewachsen und noch zu jung waren. Lucas liebte es, im Herbst sich durch das trockene Laub der Bäume zu wühlen und sich Kuhlen zu bauen, aus denen er gutgetarnt allerlei Getier beobachten konnte.
Den gesamten Vormittag war er mit der Körperpflege beschäftigt; wollte schließlich einen manierlichen Eindruck hinterlassen. Gedankenversunken knautschte er an allen Zehennägeln und vergaß auch nicht die Zwischenräume zu putzen. Ein bißchen Eitelkeit kann nie schaden, schmunzelte er vor sich hin. Noch einmal aufgeplustert und alles ordentlich hingeschüttelt: Jetzt konnte es losgehen!
Die Straßen waren sehr ruhig um diese Zeit, sodaß Lucas früher am Treffpunkt war als angenommen. So setzte er sich auf einen schönen breiten Stein, der von der Sonne erwärmt zu dösen einlud.
Dösen, ja! Das war eine von seinen Lieblingsbeschäftigungen. Seine Mutter hatte ihn oft liebevoll ein Träumerchen genannt. Fasziniert verfolgte er das Geflirre der Libellen. Irgendwo in der Ferne keckerte eine Elster vor sich hin. WUSCH, sauste ein buntes, rundes Ding an ihm vorbei, gefolgt von einen Katzenkind, welches ausgelassen dem Ball hinterherwuselte.
Aus seinen Tagträumen aufgeschreckt, beobachtete Lucas innerlich lächelnd das unschuldige Spiel des Nachwuchses. "Isabel, lauf nicht so weit weg, hörst du!", ertönte eine melodische, wohlbekannte Stimme hinter ihm. Überrascht drehte er sich um: "Naaa, lange nicht gesehen!", schnurrte er erfreut Marlis entgegen, deren Fell bei Tageslicht in allen Schattierungen glänzte. Das Katzenkind hatte bei den mahnenden Worten sein Spiel kurz unterbrochen, blickte in die Richtung der beiden und maunzte laut. Aufgeregt rannte sie los und landete nach einem tolpatschigen Purzelbaum vor Marlis' Pfoten: "Tante, daß ist der nette Onkel, von dem ich dir erzählt habe. Der mir über die Straße geholfen hat!" Marlis legte erstaunt und neugierig zugleich die Ohren nach hinten. "Ach du bist's!", freute sich Lucas.
Ja, es war die Kleine mit dem rotgoldenen Fell und den weißen Stiefelchen, die ihn jetzt erwartungsvoll anschaute. "Oh! Ihr kennt euch ? Das ist gut. Isabel, das ist Lucas, der Detektiv. Und der kleine Frechdachs hier ist meine Nichte.", stellte Marlis die beiden einander vor. Mutig stupste Isabel an Lucas' Bein und knipste ihm zutraulich in eine Pfote. "E-he-heh!", protestierte Lucas gutgelaunt, während die Kleine sich schon wieder auf ihren Ball stürzte. Lucas fragender Gesichtsausdruck veranlaßte Marlis, ihm ein bißchen die Zusammenhänge zu erläutern.
Isabel's Mutter wurde von einem Stinkemobil tödlich verletzt und Marlis hatte sich der Kleinen angenommen, weil sie selbst keine Kinder hatte. Trotz des Verlustes der leibhaftigen Mutter entwickelte sich Isabel prächtig und war Marlis' ganzer Stolz.
Mitten in der entspannten Plauderei über Dies und Das ertönte plötzlich Isabel's Stimmchen: "Heh, das ist mein Ball! Gib ihn mir wieder!" Lucas Ohren zuckten: Isabel bemühte sich, umringt von einer Handvoll halbstarker Kater, ihr geliebtes Spielzeug wieder zubekommen. Innerlich kochend schlenderte er auf die Gruppe zu: "Hat einer von euch Felljucken ?", knurrte er. Isabel fitschte an ihm vorbei in die Arme von Marlis. Ein pummeliger Asphaltgrauer mit ausgefranstem Ohr fauchte abwertend: "Blackies!" ... Die ansatzlose Kopfnuß von Lucas bescherte dem lädierten Ohr einen Zwillingsbruder. Witzbold Nr.2, Modell beharrter Abfalleimer, fehlte auf einmal ein großes Stück Fell an der rechten Schulter. Obwohl Lucas ein umgänglicher und zurückhaltender Typ war, hatte seine Sicherung PLING gemacht: "Hat noch jemand Lust auf FUBAK ?"
(Anm.: FUBAK = Fürchterlich-Böse-den-Arschvoll-Kriegen)
Die Meute hatte aber genug und suchte das Weite. Nachdenklich brachte Lucas den Ball zurück und entschuldigte sich bei den beiden Ladies für seine heftige Reaktion. Er konnte einfach nicht mitansehen, wenn auf Kleineren und Schwächeren herumgehackt wird. Marlis nickte verstehend, während Isabel ihm aufgeregt um die Beine schnurrte. Und schnurrte, schnurrte.....
..... so laut schnurrte die Kehrmaschine draußen auf der Straße, daß Lucas aus seinem Gesundheitsschlaf aufschreckte und völlig desorientiert in die Gegend schaute. In seinem Maul hatte er den Geschmack einer Mischung aus der verabreichten Medizin und Friskas mit Huhn 1x rückwärts. Bäääh, entsetzlich! ...

-Erik Malwitz-

Verschwommen nahm Lucas eine helle Gestalt am Rande seiner Schlafstätte war.
"Marlis?" maunzte er hoffnungsvoll. Nein, tschahade, es war nur sein Dosi im weißen Morgenmantel, der sich jetzt zu ihm herunterbeugte und liebevoll streichelte. Obwohl Lucas ein Schmuser war und seinen Menschen mochte, war ihm momentan nach gar nix zumute. Leicht abwehrend stupste er seinen Dosi mit einer Pfote an. "Heh, du siehst ja gar nicht gut aus!" meinte sein Mensch und nahm ihm behutsam auf den Arm.
"Ich fühl mich Kotze!" quengelte Lucas und bereute es zum soundsovielten Male, daß die Zweibeiner katzisch nur rudimentär verstanden. Doch die Wärme und Zuwendung des Dosi' taten ihm gut und er ließ sich schließlich Richtung Küche tragen. Als sie am Klo vorbeikamen, trampelte Lucas zart mit den Hinterläufen, denn es gluckerte auffällig in seinem Magen. "Los, Beeilung ! Sonst gibt es ein Unglück!" mahnte Lucas. Gottseidank verstand sein Mensch und ließ ihn herunter. Lucas schaffte es gerade mal so: Es brannte, tat weh und roch sehr streng. Ihm war das Endprodukt äußerst peinlich. Hektisch versuchte er die Schweinerei mit halbherzig-energischen Schaufelbewegungen zu kaschieren. Das Streu (was ganz edles aussem Hause ANAKONDA!) spritzte nur so.
Der Dosi streichelte Lucas verständnisvoll zwischen den Ohren und schubste ihn gen Küche. Das Futter sah ganz ordentlich aus, doch Lucas' Geruchsnerven ließen zu wünschen übrig. Tranich wie ein Kranich hockte er entschlußlos vor dem Napf ... bis seine Nase die feuchte Oberfläche des Futters berührte.
Uuups, wäre er doch fast mit der Schnauze ins Fressen gefallen, so schlaff und müde wie er war! Neee, auf feste Sachen zum Knautschen hatte er keine Appetit. Dann schon eher die Trinkmilch, die ihn in einem Schälchen nebenbei anlächelte. Die leichte Kühle der Milch war eine Wohltat für Lucas' angegriffene Geschmacksknospen. Und, ja doch, irgendwie lecker ! Durstig schlabberte er den Vitaltrunk in sich hinein und merkte, wie er nach und nach munterer wurde.
In der Zwischenzeit hatte sein Dosi diskret das Klo saubergemacht und holte jetzt eine Tube aus den Kühlschrank. Lucas bekam zuerst Augenbrauen wie ein bekannter Finanzminister. Doch seine Vermutung, daß es sich hierbei um Medizin handelt, erwies sich als total falsch. Das Zeug roch verführerisch: KATZENPASTE! Mit Malzgeschmack !!! "GEIL!" maunzte er innerlich und nuckelte gierig an der Tube. Der Dosi grinste zufrieden und quetschte eine ordentliche Portion hervor, die Lucas geradezu in sich hinein saugte. Wie immer bei derartigen Leckereien, beschmadderte sich Lucas die ganze Schnauze und mußte sich erstmal ausgiebig putzen.
Die leichte Mahlzeit war für seinen angegriffenen Magen genau das richtige gewesen. Vitamine statt Ballaststoffe; seiner Nase ging es schon ein bißchen besser. Zwar immer noch nicht so gut, wie es sich für einen Hobby"schnüffler" gehört, aber eine sofortige Genesung war nicht zu erwarten. Gesättig und schon wieder seeehrrr müüüdäää gähnte Lucas ausgiebig und trabte in seine fuschelweiche Schlafecke.
Um die Mittagszeit wachte er wieder auf. Die Sonne schien wärmend auf seinen Pelz .... und es klingelte wieder einmal an der Tür. Vorsichtig stand Lucas auf und stellte fest, daß das viele Dösen ihm gutgetan hatte. Relativ munter öffnete er die Tür:
"Überraschung! Wir wollten mal schauen, ob es dir jetzt besser geht!" begrüßte ihn Marlis herzlich. Wieso WIR, fragte sich Lucas, bis er das kleine Fellbündel neben Marlis bemerkte. "Tante Marlis! Das ist der nette Onkel, von dem ich dir erzählt habe! Der mir über die Straße geholfen hat!" quieckte eine aufgeregte Kinderstimme, die zu dem Katzenkind mit dem rotgoldenen Fell und den weißen Stiefelchen gehörte. Lucas hatte plötzlich eine Art Deja-Vu-Erlebnis: "Oh! Ihr kennt euch? Das ist gut. Lucas, dieser Frechdachs hier ist ..." "... deine Nichte namens Isabel! Richtig?" unterbrach Lucas aufgeregt die Zeremonie.
Die beiden Besucherinnen waren zuerst total sprachlos, fingen dann aber beide an zu kichern. Amüsiert bat er beide herein und geleitete sie zur Kuschelecke. Obwohl er im Kopf noch ein bißchen langsam war und die Worte etwas holperig klangen, erklärte Lucas der zappeligen Isabel, was ein Detektiv ist und wieso er zuweilen Dinge weiß, die ihm niemand erzählt hat...

-Erik Malwitz-

" Mir ischt kalt! " quengelte Isabel.
"Na komm! Schau mal, dort ist doch schon das Haus, wo Lucas wohnt! Es ist doch nicht mehr weit!", versuchte Marlis ihre Ziehtochter aufzumuntern. Mißmutig-maulend betrachtete Isabel im Schneegestöber auf der anderen Straßenseite einen Dalmatiner, der mit zitternden Hinterläufen eine dampfende Tretmine im Schnee versenkte. Sozusagen ein tiefgekühltes Weihnachtsgeschenk für die Straßenreiniger.
Übellaschung! Geduldig zog Marlis den Schlitten durch den Schnee, auf dem Isabel saß und auf die Geschenke für Lucas aufpaßte.
Eine bunte, blinkende Lichterkette zierte den Torbogen des Einganges zu Lucas' Zuhause. Sein Dosi hatte zwar Schnee geschoben, aber katzenfreundlicherweise kein Anti-Tierpfoten-Streugut verwendet. ( Naja, ein echter Dosi denkt halt mit!)
Ein wohltuender Schwall warme Luft nebst freundlich lächelndem Dosi waren das Empfangskomitee: " Aah, Ihr seit es! Naaa, dann werde ich euch erstmal trockenlegen! ", meinte der Dosi und hüllte Isabel in ein fuschelweiches Handtuch. Isabel strampelte symbolisch zuerst ein bißchen, fand die Zuwendung dann doch sehr angenehm. So trockengelegt, zottelte sie sofort ins Wohnzimmer.
Auch Marlis' kam nicht zu kurz und freute sich für Lucas, daß dieser so einen aufmerksamen Dosi hatte. " Lucas hat noch zu tun und kommt gleich zu euch!" entschuldigte sich der Dosi. Marlis nickte wissend und schaute nach Isabel. Die Kleine saß mit großen Augen vor dem herrlich geschmückten Weihnachtsbaum. Hing doch ein Lametta in einer Höhe, wo sie bestimmt rankam, wenn sie sich langmachen w...... "Isabehell!" unterbrach Marlis den Gedanken und machte ein strenges Gesicht. Signorita Frechdachs senkte entschuldigend die Ohren und schlenderte zum Kamin. Mmmh, aah, tschöhöhn warm war das!
Plötzlich tauchte eine vermummte, rote Gestalt aus der Küche auf. "Tantääää!" quietschte Isabel und flüchtete in deren Arme. Marlis konnte sich kaum ein Grinsen verkneifen und redete dem Nachwuchs beruhigend zu: " Nee-Nee, das ist kein böser Mann und auch kein Yedi-Ritter, sondern der Weihnachtsmann ! Schau, wir gehen jetzt zu ihm und sagen einfach Guten Abend! "
Zweifelnd-neugierig mit Ohren wie eine Radaranlage bewegte sich Isabel auf die unheimlichen Gestalt zu. Marlis lächelte im Hintergrund und bewunderte Lucas' Verkleidung. Der dicke Samtstoff hüllte ihn vollkommen ein und reichte bis zum Boden. Die Kapuze war tief ins Gesicht gezogen, nur die Bartspitzen schauten heraus. Natürlich fehlte auch der plüschig-weiße Saum am Rande nicht. Eben Weihnachtsmann pur!
"Hallo, junges Frollein!" ertönte eine sonore Stimme unter der Kapuze. "Ich habe einen Wunschzettel bekommen und wollte Euch mal besuchen! Auch Ihr hattet einen langen Weg hierher, und Eure Mühe soll belohnt werden. Doch zuerst möchte ich wissen: Warst Du auch das ganze Jahr lang artig und hast Du Deiner Tante viel Freude bereitet?"
Isabel zuckte verlegen mit dem linken Ohr und schaute entschuldigend Marlis an. "Nö, nich' immer!" erwiderte sie frech, aber ehrlich. "Aber den Onkel Lucas, den finde ich sehr nett! Der kommt prima mit mir zurecht!" "Soso!" brummelte die rote Kapuze. "Naja, wenigstens flunkerst Du nicht. Ich hoffe, Du wirst Dich bessern!" Isabel nickte heftig wie ein Spielzeugdackel mit einer Spiralfeder im Hals. " Gut so ! Das blaue Paket mit der honiggelben Schleife und das mintfarbene mit dem vielen Schleifenband drumherum ist für Dich!" nickte die Kapuze Richtung Tannenbaum.
"Uiiih, Danke, lieber Weihnachtsmann!" schnurrte Isabel, gab wohlerzogen Köpfchen ..... und stürzte sich neu-gierig auf die Geschenke.
"Nun zur Dir, holde Maid !" wandte sich der Besucher an Marlis, die sich mit wedelndem Gehknorpel und schiefgelegtem Köpfchen dem Weihnachtsmann näherte. "Ich sehe, du hast Dich redlich um das Wohlergehen Deines Zöglings bemüht, auch wenn so ein Energiebündel nicht gerade pflegeleicht ist." Eine wohlbekannte, schwarze, grinsende lederartige Nase tauchte unter der Kapuze auf." Natürlich habe ich auch etwas für Dich: Das silberne Paket mit den vielen Sternchen drauf wartet schon!" Marlis schmolz dahin wie Hägen-Dasz-Eis in der Sonne. Spontan leckte sie Lucas über die Nase und gesellte sich zu Ihrer Nichte, die völlig gedankenversunken mit dem Auspacken der Geschenke beschäftigt war.
Schwuuuups, war die rote Gestalt wieder in der Küche verschwunden .... Gutes Timing: Gerade als beide mit dem Auspacken fertig waren, schlenderte Lucas die Treppe von seinem Atelier herunter und gesellte sich zu seinen Gästen. ( Anm.: Sein Dosi hatte zur geplanten Bescherung auf die Schnelle eine provisorische Holzleiter als Verbindung zwischen Küche und Atelier gebaut und an der Hausrückseite installiert.)
"Onkel Lucas, Onkel Lucas!" flötete aufgeregt Isabel und rannte ihn fast über den Haufen.
"Hey, Kleines!" schnurrte er gutgelaunt zurück. "Hat der Weihnachtsmann Dir was schönes mitgebracht?" "Ja, da, schau mal!" zappelte Isabel und zog ihn gen Tannenbaum.
Da lagen sie nun: Eine wunderschöne, glitzernde Klingeling-Wollkugel und ein fluffiger Spielball in schillenden Farben. Lucas machte Aah und Ooh und Toll und drückte einmal kräftig den Spielball. Ein helles Quietschen ertönte, was Isabel noch mehr entzückte. "Ich auch probieren!" ..... Isabel quietschte begeistert mit strahlenden Augen drauflos. Begleitet von dieser lieblichen Musike wandte sich Lucas an seine " Klientin ", die sich bereits genießerisch in ihr Geschenk eingewickelt hatte. Lucas hatte einer seiner Lieblings-Schmusedecken noch einmal kräftig vollgehaart und durchgeknetet. Danach sorgfältig ausgekämmt und verpackt. ( Ein sehr intimes, ja geradezu erotisches Geschenk, n'est pas?) Marlis trennte sich nur widerwillig von dieser Decke Modell "Lucas pur", um ihm jetzt seine Geschenke zu bringen.
"Frohe Weihnachten. Und DANKE!" leckte sie ihm ein Ohr, schnurrend wie eine Nähmaschine. Lucas errötete innerlich und packte vorsichtig .... ein betörend riechendes Lammfell aus der Collection " Marlis POUR LUI" aus. (Na, da hatten zwei Genießer sich gefunden ... ) Geschenk Nr. 2 entpuppte sich als Miniatur-Kratzbaum, den Marlis ihrem Vater abgeschwatzt hatte. Eine detailgetreue filigrane Handarbeit mit mehreren Etagen und Kuschelhöhlen, für die Lucas bestimmt einen Ehrenstammplatz auf seinem Schreibtisch finden wird. Lucas war hin und wech.
Sein Bewunderung wurde vom Erscheinen seines Dosi's unterbrochen, der elegant-butlerhaft das weihnachtliche Dinner kredenzte: In einer Edelstahlschale (18/10er rostfrei natürlich) war eine appetitlich-rot-leuchtende Schabefleisch-Pyramide umgeben von einer breiten Linie Sprühsahne. Und ganz oben auf der Spitze wollte ein runder, dicker Vitamindrops vernascht werden. Dazu ein Schälchen zimmerwarme Milch. Zum Nachtisch ein Blob Vitaminpaste mit Malzgeschmack. Das "Wohl bekomm's!" des Dosi ging in dem Schmatzen und Schnurren der Vierbeiner völlig unter.
Nach dem opulenten Schlemmermahl machten es sich die Drei vor dem knisternden Kamin zum Putzen und Verdauen bequem. Isabel kämpfte mit ihrer arg beschmadderten Schnauze und stöhnte: "Oh weh! Izmir schleeechttttt!" Marlis lächelte wissend, während Lucas ein großes Bilderbuch hervorzauberte.
Donatello von dem BulliesUnlimited war ein begnadeter Cartoonist und hatte Lucas zu Weihnachten eine illustrierte Version der "Geschichte vom gestiefelten Kater" geschenkt. Exklusiv und handsigniert, versteht sich. (Anm.: Donatello hat unter einem Pseudonym einen wesentlichen Beitrag zu den Abenteuern von Katzerix und Knobelix geleistet. Aber das wissen die wenigsten!)
Lucas machte es sich zwischen den Ladies bequem und schlug das Buch auf:
"Es war einmal vor langer, langer Zeit ........"

-Erik Malwitz-


"Schnauze halten !"
Das Kläffen, Jaulen und Gehechle verstummte mit einem Schlag. Die Hunde wußten:
Wenn Giovanni's Stimme diesen Tonfall annahm, war mit ihm nicht zu spaßen. Man munkelte, das er Hunde des Viertels, die ihm nicht 100% loyal ergeben waren, dem Tierfänger in die Arme trieb.
Bella von der Hohenweide, die Golden-Retriever Hündin die in der Villa am Fluß wohnt, hatte einmal im Schmuseblättchen der Putzfrau unter der Überschrift: "Tierversuchsgegner klagen an! Shampootest an Hunden." ein Bild von Charlie, dem verschwundenen Yorkshireterrier, entdeckt. Oder besser von dem, was von ihm übrig geblieben war. Seitdem war Giovanni uneingeschränkter Herrscher des Quartiers...
"Es geht um White - wir werden jetzt etwas unternehmen. Keiner traute sich, seine Schadenfreude offen zu zeigen. Jeder wußte, das der Siamkater White, Inhaber der Importfirma für Kratzbäume "White Tree", Giovanni die Stirn bot.
Vor einigen Monaten hatte sich White auf Geschäfte mit Giovanni eingelassen: Nachdem das Geschäft mit den Kratzbäumen durch die Asienkrise immer schlechter wurde, gleichzeitig der Futtervertrieb jedoch sprunghaft angestiegen war, wollte White diesen Bereich weiter ausbauen. Giovanni schlug vor, ihm illegal eingeführtes Premiumfutter zu 20% des Herstellerpreises zu besorgen. White ließ sich auf das Geschäft ein und unterschrieb einen Liefervertrag. Nach einigen Monaten erlitt einer seiner Kunden einen allergischen Schock, durch die Untersuchung merkte White erst, das Giovanni ihm billiges Hundefutter lieferte, dessen Etiketten er gegen die Hochglanzetiketten der Premium-Katzenfuttermarken austauschte. Er wollte aus den Verträgen raus, sich selbst wegen Steuerhinterziehung und Giovanni wegen schweren Betrugs mit Todesfolge anzeigen. Doch Giovanni hatte vorgesorgt: Die Verträge waren so abgefaßt, das Giovanni nie in Erscheinung trat, nur White's Tochter Marlis, auf die die Verträge ausgestellt waren. So hatte Giovanni White in der Hand und bestand auf Weiterführung des, für beide Parteien, lukrativen Geschäftes.
White weigerte sich: Betrug sei eine Sache, aber vorsätzliche Gefährdung von Katzenleben eine andere und hieß Giovanni vor allen anderen einen feigen Geschäftsmacher und stellte ihm frei, ihn zu töten - er sei bereit, für seine Schuld zu bezahlen. Aber das war Giovanni zu wenig - er wollte ihn demütigen, so wie er selbst erniedrigt worden war.
Und was trifft einen stolzen Vater am meisten? Der Verlust seiner Tochter, einer bildschönen weißen Katzendame. Giovanni stellte White vor die Wahl: Anzeige, die zur Verurteilung wegen Mordes führen würde oder Heirat mit Giovanni... "Das Ultimatum läuft morgen aus. White hat sich noch nicht geäußert, ob er mir Marlis zur Frau geben wird - oder sie lebenslang in's Gefängnis schickt!"
Giovanni fletschte die Lefzen. Ihm ging es nicht nur um Marlies, sie wäre nur eine weitere, wenn auch hübsche, Trophäe in seiner Sammlung und könnte ihm niemals Söhne gebären, ihm ging es um Rache.
"Snoopy," ein Bassett trat vor, "Du gehst heute zu ihm hin und sagst ihm, ich will bis morgen Mitternacht eine Antwort von ihm. Für Marlis nimmst Du ein Baldriansträußchen mit..." "In Ordnung, Boss. Aber kann ich nicht Baldriparan Tabletten mitnehmmen? Die sind leichter zu bekommen." "Schnauze, tu was ich sage! Und jetzt ab mit Dir." Der Bassett tat, wie ihm befohlen, und ging, den Blick traurig auf den Gehweg gesenkt.
Lucas sah sich im Büro von Marlis Vater um. Sehr geschmackvoll, dachte er sich, und wußte auch ohne, daß sie es ihm gesagt hätte, daß Marlis für die Einrichtung verantwortlich zeichnete.
"Vater kommt gleich, Lucas. Du darfst ihn nicht aufregen, er hat seit einiger Zeit Probleme mit der Gesundheit. Der Arzt hat ihm strikte Ruhe und eine strenge Diät verordnet, und dringend geraten, das Futter zu wechseln. Bitte, du darfst ihn nicht aufregen!"
Die Tür ging auf, und White kam herein. Auch wenn er im Moment sehr schwach und zerbrechlich wirkte, strahlte er eine enorme Willenskraft und eiserne Beherrschung aus. "Guten Tag, sie sind wohl Lucas, der Detektiv, von dem mir meine liebe Marlis soviel erzählt hat?" "Guten Tag, Herr White, ja das bin ich. Ich hoffe, Marlis hat nicht allzusehr übertrieben..." White winkte ab und lächelte. Er kannte seine begeisterungsfähige Tochter nur allzu gut. "Nein, nein. Lassen Sie uns beginnen, ich fühle mich nicht allzu wohl und werde mich nicht allzu lange mit Ihnen unterhalten können, fürchte ich." Insgeheim glaubte er sowieso nicht daran, das Lucas ihnen würde helfen können, er hatte nur Marlis zuliebe in ein Treffen eingewilligt.
Er würde Marlis außer Landes bringen lassen, hatte schon Vorbereitungen dafür getroffen. Ein alter Geschäftsfreund ging Ende des Monats mit seinen Menschen zurück nach Singapur, und man würde Marlis in die Transportkiste schmuggeln. Die Menschen würden sie bei sich behalten, davon war er überzeugt, da der Geschäftsfreund gerade seine Schwester, mit der er 19 Jahre zusammengelebt hat, verloren hatte und die Menschen immer noch trauerten. Es brach ihm fast das Herz, seine Tochter auf dem Fenstersims sitzen zu sehen. In weniger als 30 Tagen würde er sie zum letzten Mal in seinem Leben sehen, und er konnte es ihr vorher noch nicht einmal erklären...Aber es ging nicht, Marlis wußte von nichts. Er hatte ihr lediglich erklärt, das er ein paar dubiose Geschäfte mit Giovanni abgewickelt hätte, dieser ihn nun erpresst und Marlis heiraten wolle. Und dies auch nur, damit sie vorsichtig war und aufpassen würde.
"Herr White, fühlen sie sich wohl ?" Lucas Stimme brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Wie unhöflich von ihm, nicht zuzuhören! "Entschuldigen Sie, ich war mit meinen Gedanken woanders. Was sagten Sie gerade?" "Herr White, wieso will Giovanni Marlis heiraten? Und warum erpresst er sie ?" White sah aus dem Fenster, und sein Atmen ging schwer. Er verkrampfte sich, streckte den Hals lang nach vorn und keuchte, rang um Luft. "Mein Gott, Lucas, hör auf! Du siehst doch, das es Vater nicht gut geht!" Marlies sprang vom Fenster und ging schnell zu Ihrem Vater, leckte ihn beruhigend hinter dem Ohr. "Marlis, laß uns bitte allein." sagte White zu seiner Tochter, als der Anfall vorbei war. "Aber Vater..." "Kein aber. Bitte geh!" White sah sie eindringlich an. "Bitte!" Marlis ging aus der Tür, sich nervös den Brustlatz leckend.
Lucas beobachtete White aufmerksam, als dieser zum Reden ansetzte. "Sie müssen mir schwören, daß sie Marlis niemals den Inhalt unserer Unterhaltung erzählen." "Aber Herr White, ich denke es geht Marlis etwas an. Es geht um ihre Zukunft, aber selbstverständlich respektiere ich Ihren Wunsch. Was ist geschehen?" "Es fing alles damit an, das sich meine Kratzbäume schlechter verkauften als gewöhnlich, weil alle Welt nur auf die Billigware aus dem Kaufhaus umsteigt. Dafür lief das Premiumfutter sehr gut, damit fing alles an...."

-Petra Bahns-


Nachdenklich leckte sich Lukas die Pfote, nachdem er alles erfahren hatte.
"Bitte vergessen Sie nicht, was Sie mir versprochen haben. Keinen Mauzer zu Marlis", sagte White nervös. "Natürlich nicht. Aber ich bin von der Idee sie wegzuschicken nicht begeistert", antwortete Lukas schlagartig.
Sofort bemerkte er, daß er das nicht hätte sagen sollen. Wie sollte er das begründen? Er konnte White doch nicht auf die Nase binden, daß er Marlies seeeehhr mag.
Nein, er durfte White in seinem Zustand auf keinen Fall sagen, daß seine Tochter geliebt wird. Er würde sofort einen Anfall kriegen. Er mußte sich also etwas einfallen lassen ... .
"Wieso nicht ?", fragte White erstaunt. Da war es passiert.
Doch da kam Lukas der Einfall: "Herr White, Sie sind doch ein verantwortungsbewußter Vater und Kater oder?". "Ja natürlich. Aber was hat das mit meiner Tochter zu tun?", fragte White immer noch irritiert.
"Wenn Sie, Herr White, aufgeben, werden sie sterben. Und was noch schlimmer wäre: Giovanni würde gewinnen. Und er würde weitermachen.
Wollen Sie, daß es anderen Katzenfamilien genauso ergeht?".
"Also, ich weiß nicht. Ich finde das nicht sehr überzeugend."-- "Ich auch nicht", dachte Lukas ehrlich bei sich . --"Na gut. Ich gebe Ihnen noch Zeit, aber wenn Sie bis zu dem Tag an dem die Abfahrt stattfindet keine sichtlichen Erfolge erzielt haben, dann wird sie sich in Sicherheit bringen."
"Ok", erwiderte Lukas etwas übertrieben selbstsicher.
White begann wieder nach Luft zu ringen, worauf Marlis sofort reingestürmt kam und nach ihrem Dosi miaute." Du mußt gehen Lukas. Los beeile dich, ich komme später nach."
Bevor Lukas auf seinen Ballen leise fortschlich, drehte er sich noch kurz um und sah wie ein Mensch White hoch hob und sanft in ein warmes Tuch wickelte.
Obwohl vielleicht erst 5 Minuten vergangen sind kam es Lukas vor wie eine Ewigkeit.
Gerade, als er sich umdrehen und wieder reingehen wollte um zu fragen was los sei, hörte er ein Zuschlagen.
Eilig spähte er um die Ecke und erblickte ein Stinkemobil, welches gerade aus einer Garage fuhr.
Lukas bekam einen Schock als er den erschreckten und traurigen Ausdruck in Marlis sonst so schönen Augen bemerkte. Doch genauso schön wie die Augen waren, waren sie jetzt durch und durch mit einem geradezu traumatischen Erlebnis getränkt.
Ihre Ohren lagen hinten an. Sie hatte Angst. Ja sie bangte wohl um White ... .
HALT woran dachte Lukas eigentlich. Er mußte hinterher. Sofort spurtete er los und sprang.
Er landete zur Hälfte auf der Heckhaube des Mobils. Ein scharfer Ton erklang, als seine Krallen auf die Haube schlugen.
Er wollte sich gerade hochziehen, da wurde es schneller und er rutschte weiter ab. Er richtete seinen Blick nach oben und sah abermals Marlis, die nach ihm rief:"Lukas!! Pass auf.
Ich bin bald zurück. Wir fahren zum Tierarzt. White geht es schlechter!".
Nun fiel Lukas runter. Etwas benebelt vom Sturz taumelte er gerade noch rechtzeitig zum Rand des Übergangs.
Noch während er sich nach Luft ringend fallen lies, schossen ihm tausend Gedanken durch den Kopf.
"LUKAS!?! Was ist dir denn passiert ? ...
"war das letzte was Lukas wahrnahm bevor er bewußtlos wurde ...
"Oh Mann, mein Kopf. Wo bin ich?" Lukas's Sinne begannen sich zu regenerieren.
Das erste war, daß er sehr bequem und vor allem gewärmt lag. Es war sehr ruhig. Nun öffnete er die Augen. "ZUHAUSE !!", registrierte Lukas erfreut.
In eine warme Decke gewickelt lag er im Schoß seines Menschen, der ihn streichelte und begann trotz seines brummenden Kopfes zu schnurren.
Er hatte mit seinem Dosi wirklich Glück gehabt. Nicht jede Katze wird so fürsorglich behandelt.
"fürsorglich... *schnurr* Katze *schnurr* *dös* . MARLIS!!!!"
Von dem Gedanken getrieben, daß sie vielleicht schon da ist, tippelte Lukas erregt zu seinem Körbchen.
"Niemand da", dachte er traurig ."Lukas was hast du denn?" ertönte die Stimme seines Dosi.
Da vernahm Lukas ein leises Kratzen an der Haustür. Seinen Dosi ignorierend schoß Lukas zur Haustür und öffnete sie.
"HALLO ONKEL", ertönte Isabels lieblich Stimme, "weißt du wo Tante ist?".
Einerseits enttäuscht, daß es nicht Marlis, andererseits froh, das Isabel ihm zu vertrauen scheint.
"Nein warst, du bei ihrer Wohnung ?"--"Ja vor einer Stunde."--"Hmm ...
Laß uns noch einmal hingehen."--" OK, Onkel." antwortete Isabels süße Piepsstimme abermals. Lukas wandte sich um und blickt in das Gesicht seines Dosi. Er lächelte freundlich. "Geh ruhig, wenn du dich besser fühlst!" Lukas miaute seinem Menschen noch einmal freundlich zu und tippelte dann zusammen mit Isabel los.
Sie huschte ihm zwischen den Beinen rum und schnurrte. "Süß! Sooooooo Süß!", dachte Lukas bei sich.
Als sie ankamen, stand das Stinkemobil da. Als Lukas es erblickte, rannte er los.
*DING,DONG*. Marlis öffnete die Tür und schien über Lukas's Besuch nicht überrascht zu sein.
"Hallo Lukas ich ..."--"Was ist passiert? Wie geht es deinem Vater? Ist etwas schlimmes passiert?", fiel Lukas ihr ins Wort. "Beruhige dich. Ich erkläre ja alles.
Mein Vater atmete schwer. unser Mensch stand der Sache sehr mißtrauisch gegenüber. Ich bekam einen Schreck, als ich Eiter aus Papas Augen fließen sah.
Ich machte den Menschen darauf aufmerksam. Dieser hatte wohl genauso viel Angst um ihn wie ich und fuhr uns sofort zum Tierarzt.
Es tut mir Leid, aber ich konnte dir nicht Bescheid sagen.
Naja, wie sich herausstellte hat mein Vater Katzenschnupfen. Ich muß ihm nun fernbleiben, bis er gesund ist."
Eine Träne lief über ihre Wange. Lukas leckte sie zärtlich auf.
"Wie geht es dir eigentlich Lukas ? Hast du den Sturz gut verkraftet?" -- "Naja. Ich hatte Kopfschmerzen, mehr nicht."
"TANTE MARLIS", taumelte Isabel ins Zimmer und landete wieder vor Marlis Füßen.
Marlis lächelte "Laß uns zu mir gehen. Mein Mensch ist heute sehr gut gelaunt",
Lukas zwinkerte ihr etwas verlegen zu. "Na gut, wieso nicht", antwortete Marlis ihm und leckte ihm zart über die Wange.
Lukas durchschoß ein Gefühl unendlicher Freude und Entspannung. Er schwebte auf Wolke Sieben.
Währenddessen dachte Isabel fröhlich: "Wäre doch toll, wenn Onkel Lukas wirklich mein Onkel werden könnte.
"Den ganzen Weg über schnurrte Lukas leise vor sich hin, während Isabel die beiden beobachtete ...

-Martin Znamirowski-


Bei Marlies angekommen wurden sie von einer freudigen Nachricht überrascht.

Der Dosi hatte die Tageszeitung auf Marlis Kratzbaum gelegt, in der ein Artikel mit der Überschrift:
"Dogge Giovanni terrorisierte die ganze Stadt" zu finden war.
Marlis und Lucas verschlangen diesen Artikel geradezu.
Es war zu lesen, daß man Giovanni wohl schon länger verdächtigte dubiose Geschäfte zu tätigen, doch nie wollte er der Polizei in's Netz gehen.
Bei einer groß angelegten Polizei-Aktion konnten jetzt endlich die belastenden Beweise sichergestellt werden.
Giovanni sitzt nun in Untersuchungshaft und wartet auf seine Verhandlung, die aufgrund der erdrückenden Beweislage wohl eher eine Formsache sein wird.
Marlis kullerten vor Freude die Tränen über's Gesicht und auch Lukas hatte zu kämpfen die Fassung zu bewahren.
"Lukas, meinst du jetzt ist alles vorbei?"
"Du brauchst dir keine Sorgen mehr machen", erwiderte Lucas. "Selbst wenn Giovanni die Polizei über die Geschäfte mit deinem Vater aufklärt, niemand wird ihm mehr Glauben schenken. Ich würde sagen, da sind wir noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen."
"Ohne dich hätte ich das alles nicht durchgehalten", flötete Marlis.
Lukas sah seine Zeit gekommen und tat, was er sich schon bei der ersten Begegnung mit Marlis wünschte.
Er griff zart nach ihrer Pfote und gab Köpfchen. Marlis schien nichts dagegen zu haben, eher im Gegenteil.
Als Isabel das Zimmer betrat, bot sich ihr ein einträchtiges Bild.
Marlis und Lukas saßen aneinandergekuschelt vor dem Kamin und schnurrten um die Wette.
"Hmm, ich wollte nicht stören", sagte sie etwas verlegen.
"Komm schon Isabel, sonst bist du doch auch nicht so."

Alle lachten und waren froh gestimmt, die Aufregungen der letzten Wochen schienen wie verflogen.
Endlich wieder aufatmen und sich um angenehmere Seiten des Lebens kümmern...

-Claudia Grillenberger-

Herzlichen Dank an Erik Malwitz, Susanne S., Petra Bahns, sowie Martin Znamirowski
für die tollen Fortsetzungen der Geschichte!